Agentic AI: Vom Co-Piloten zum Autopiloten. Das nächste KI-Update für Arbeitswelt, Prozesse und auch Marketing

26.6.2025

Was sind KI-Agenten – und wie unterscheiden sie sich von generativer KI?

Lesezeit:
Minuten

Dieser Artikel wurde verfasst von:

Kai Wermer

Wenn heute von Künstlicher Intelligenz (KI) gesprochen wird, denken viele zuerst an generative Modelle wie ChatGPT, Anthropic oder Gemini. Diese sogenannten generativen KI-Systeme erstellen Inhalte – sei es Text, Bilder oder Code – basierend auf Trainingsdaten und Nutzereingaben. Sie sind beeindruckend, aber vor allem reaktiv.

KI-Agenten hingegen gehen weiter: Sie handeln autonom, verfolgen Ziele und können über längere Zeiträume hinweg eigenständig Entscheidungen treffen und ausführen. Agentic-AI-Systeme reagieren also nicht nur auf Befehle, sondern können auch eigene Absichten ableiten, sich mit neuen Vorgaben auseinandersetzen und Ergebnisse aus früheren Aktionen berücksichtigen – ähnlich wie ein menschlicher Assistent.

Der Unterschied ist also fundamental: Im Gegensatz zur generativen KI, die Inhalte auf Basis von Eingaben erstellt, agieren Agentic AI-Systeme proaktiv und adaptiv. Sie nutzen Fähigkeiten wie Planung, Kontextverständnis und Tool-Integration, um komplexe Aufgaben mit minimaler menschlicher Intervention zu bewältigen.

Anwendungsfälle: Wo Agentic AI heute schon wirkt


Agentic AI findet bereits in verschiedenen Unternehmensbereichen Anwendung:

  • Marketing: Automatisierte Kampagnenoptimierung, Zielgruppenanalyse und Content-Erstellung. Lokalisierungen uva.
  • Kundenservice: Selbstständige Bearbeitung von Standardanfragen und Eskalation komplexer Fälle, Kunden Onboarding uva.

  • Vertrieb: Lead-Qualifizierung und personalisierte Kundenansprache. Automatisierte Angebotserstellung uva.

  • Finanzen: Automatisiertes Reporting und Anomalieerkennung. Uva.

  • Personalwesen: Rekrutierung und Onboarding-Prozesse. Reiseplanung und Abrechnungen uva.

  • Industrie: Wartungs- und Instandhaltungsmanagement von Anlagen und im Maschinenbau (Redeictive Maintenance), Technisches Dokumentenmanagement zur Identifikation relevanter Spezifikationen oder Zulassungsnachweisen, Automatisierte Erstellung von Sicherheitsdatenblättern (SDS) und Labels in verschiedenen Sprachen

Laut Garner ist Agenic AI der Toptrend für das Jahr 2025 und soll bereits 2028 mehr als zwölf Prozent aller Entscheidungen im Arbeitsumfeld treffen. Doch damit KI-Agenten überhaupt wirkungsvoll Prozesse optimieren können, müssen Daten her. Und hier ergeben sich oft die Fragen nach einem validen Umfang und vor allem auch einer validen Datenqualität im Unternehmen oder der Institution. Noch immer werden in vielen Unternehmen eher weniger strukturiert Daten erhoben. Nur etwa zwölf Prozent der Dataexpert:innen in Unternehmen trauen den eigenen Daten den Einsatz für generative KI zu, so eine Umfrage des Softwareunternehmen Precisley im Herbst 2024. 

Dennoch können Systeme angelegt werden, die mit den meisten Bestandsdaten aus Unternehmen gute Ergebnisse liefern. Sogenannte RAG-Systeme (Retrieval-Augmented Generation) spielen in der Architektur von Agentic AI eine zentrale Rolle. Sie sind nicht nur relevant, sondern geradezu essentiell, wenn KI-Agenten mit aktuellen, dynamischen und vor allem unternehmensspezifischen Informationen arbeiten sollen.

Was ist RAG überhaupt?


Retrieval-Augmented Generation (RAG)
ist ein Konzept, bei dem ein KI-System eine Anfrage nicht nur aus dem Sprachmodell (LLM) selbst beantwortet, sondern sich dafür aktiv Informationen aus z. B. Unternehmens-Datenquellen (z. B. Datenbanken, Wissensdokumente, CRM) heranholt, um die Antwort zu verbessern.

In einem Agentic-System sind RAG-Module typischerweise Teil der Tool-Schicht und werden von Agenten aktiv genutzt, um ihre Aufgaben besser zu erfüllen. So würde ein typischer Workflow ungefähr ergeben: 

  1. Ein Agent erhält die Aufgabe, einen Statusbericht über laufende Marketingkampagnen zu erstellen.

  2. Der Agent stellt gezielte Abfragen an ein internes RAG-System, das z. B. CRM-Daten, Analytics und frühere Reports durchsucht.

  3. Die abgerufenen Inhalte werden mit dem Ziel (Berichtserstellung) verknüpft und durch ein LLM in fertigen Output umgewandelt.

  4. Der Agent bewertet das Ergebnis, passt es ggf. an und sendet es automatisch an relevante Stakeholder.

Dabei sind die möglichen RAG-Datenquellen vielfältig. Sie könnten z. B. HubSpot-Kampagnendaten, Salesforce-Datenblätter, interne Wissensdatenbanken (Wiki, Google Drive) oder auch Word- und PPT-Dateien, Slack-Channels, E-Mail-Archive oder auch  Projektmanagementsysteme (Asana, Notion, Jira) umfassen. 

Die Architektur für KI-Agenten Systeme – wie sieht sie aus?

Die gesamte KI-Agenten Architektur würde sich dann, inkl. der Einbindung des RAGs wie folgt aufbauen:

1. Benutzerschnittstellen (Input Layer)
  • Kanäle: Web, Mobile, Chatbots, Sprachassistenten, Apps

  • Funktion: Erfassung von Benutzeranfragen und Weiterleitung an das Agentensystem, auch Sensoren können genutzt werden


2. Orchestrierungsschicht
  • Agent Orchestrator: Koordiniert Abläufe zwischen mehreren Agenten, je nach Agentenaufgabe können auch unterschiedliche Modelle genutzt werden.

  • Workflow Engine: Steuert Aktionsfolgen, konditionales Verhalten, Zielverfolgung

  • Rollenbasierte Steuerung: Welcher Agent handelt wann mit welchem Ziel?


3. Agenten-Schicht
  • Planungsagent: Entwirft strategische Aktionspfade

  • Ausführungsagent: Setzt Einzelschritte um (Datenabruf, Berichtserstellung etc.)

  • Reflexionsagent: Bewertet Ergebnisse, zieht Lehren, passt Strategie an


4. RAG-Komponente (Retrieval-Augmented Generation)
  • RAG Retriever: Durchsucht strukturierte und unstrukturierte Datenquellen

  • Retriever-Indexierung: Vektordatenbanken (z. B. FAISS, Weaviate) oder semantische Suche

  • Dynamisches Prompting: Kombiniert Echtzeitinformationen mit der User-Query

  • Kontextübergabe: Liefert relevante Passagen an LLM als Eingabe


Die RAG-Komponente fungiert als Brücke zwischen Agenten, externem Wissen und dem LLM. Sie kann:

  • direkt von Agenten aufgerufen werden („Suche relevante Infos zu Projekt X“)

  • automatisch bei Wissenslücken im Kontext anspringen

  • mit Speichermodulen und Tools (CRM, CMS, DB) verbunden sein

5. Tool- und Aktionsschicht
  • API-Connectoren: Zugriff auf HubSpot, Salesforce, Projektmanagement-Tools etc.

  • Web-Tools: Automatisierte Recherche, API-Ping, Formularbefüllung, Web-Scraping

  • Datenzugriff: Verbindung zu Unternehmensdatenbanken, Fileshares, Wissensbasen


6. Speicher- und Lernkomponenten
  • Kurzzeitspeicher (Session Context): Aktive Informationen für aktuelle Aktionen

  • Langzeitspeicher: Speicherung von Agentenerfahrungen, RAG-Logs, Entscheidungen

  • Feedback-Loop: Ergebnisse beeinflussen Agenten-Strategien und RAG-Verhalten


7. Sicherheits- und Governance-Schicht
  • Access Control: Granulares Rollenmanagement für Tools & Datenquellen

  • Audit Logs: Nachvollziehbarkeit der Agentenentscheidungen

  • Compliance Layer: DSGVO-Konformität, Datenklassifikation, Zugriffsethik

Diese Architektur ermöglicht es Unternehmen, Agentic AI-Systeme effektiv zu implementieren und in bestehende Prozesse zu integrieren. Die modulare Struktur erlaubt eine schrittweise Einführung und Skalierung entsprechend den Unternehmensbedürfnissen.

Konkreter Anwendungsfall für AI-Agents aus dem Verbandsbereich und der Industrie: 


Uhura konnte mit dieser Architektur beispielsweise für einen Verband relevante Gesetzgebungsprozesse überwachen und der KI-Agent informiert proaktiv über Änderungen, die die Mitglieder betreffen könnten. Darüber hinaus können Mitarbeiter in älteren Stellungnahmen über ChatGPT-Interfaces überprüfen und vergleichen, um so Konsistenz zu neueren Stellungnahmen sicherzustellen.

In den meisten dieser Fälle orientieren wir uns bei Uhura Digital an einer Planungs- und Implementierungs-Roadmap die sicherstellt, dass ein KI-Agenten-Projekt schnell und optimal Ergebnisse erzielt. Denn entscheidend ist auch hier ein agiles Ausrollen erster Prototypen und schnelles Lernen und Erweitern der jeweiligen Anwendungen. 

Implementierungs-Roadmap: Von der Idee zur Umsetzung


Phase 1: Strategische Planung (gerade am Beginn - investieren Sie nicht zuviel in ein “KI-Strategie” - lieber schnell zum Prototyp und lernen)

  • Aber dennoch – Zieldefinition: Klare Festlegung, welche Prozesse durch Agentic AI unterstützt oder automatisiert werden sollen. Diese müssen aber auch zunächst gefunden und identifiziert werden - oft gar nicht so einfach.

  • Stakeholder-Engagement: Einbindung relevanter Abteilungen (z. B. IT, Sales, Marketing, Recht), um Anforderungen frühzeitig zu adressieren. Auch hier – achten Sie darauf, dass nicht zu viel Overthinking betrieben wird. Setzen Sie Ihre Teams nicht unter Druck und reduzieren Sie zu komplexe Requirements.

Phase 2: Pilotierung

  • Use-Case-Auswahl: Identifikation eines geeigneten Pilotprojekts mit messbarem Nutzen. Fangen Sie ruhig mit einfachen Cases an.

  • Datenvorbereitung: Sicherstellung der Verfügbarkeit und Qualität der benötigten Daten.

  • Entwicklung und Test: Aufbau des Agenten, Integration in bestehende Systeme und Durchführung von Tests zur Validierung der Funktionalität. Teammitglieder und Mitarbeiter die als “Ambassadors” gezielt eingebunden und trainiert werden, um die Tests durchzuführen und später intern zu unterstützen und auszurollen helfen bei der Implementierung ins Unternehmen. 

Phase 3: Skalierung

  • Evaluation: Bewertung der Pilotphase hinsichtlich Effizienzgewinnen, Nutzerakzeptanz und ROI.

  • Rollout: Schrittweise Ausweitung auf weitere Prozesse oder Abteilungen, begleitet von Schulungen und Change-Management-Maßnahmen.

  • Monitoring und Optimierung: Kontinuierliche Überwachung der Agentenleistung und Anpassung an veränderte Anforderungen.

Mittlerweile gibt es eine Menge Anwendungstools und SaaS-Services, mit denen eigene Systeme erstellt werden können und die auch eigene Datenbestände sicher als Wissensbasis verfügbar machen können. Eine Build- oder Buy-Entscheidung hängt hier von den individuellen aber vor allem auch langfristig strategischen Entscheidungen ab: 

Build vs. Buy: Entscheidungskriterien für KI-Agenten-Systeme


Build (Eigenentwicklung):

  • Vorteile: Hohe Anpassungsfähigkeit, vollständige Kontrolle über Daten und Prozesse.

  • Herausforderungen: Erfordert spezialisiertes Know-how, längere Entwicklungszeiten, höhere initiale Investitionen.

Buy (Fertige Lösungen):

  • Vorteile: Schneller Einsatz, geringerer Ressourcenbedarf, Support durch Anbieter.

  • Herausforderungen: Begrenzte Anpassungsmöglichkeiten, Abhängigkeit vom Anbieter, mögliche Integrationsprobleme, in der Regel Lizenzkosten, die mit der Nutzung massiv steigen können. Zudem OptIn-Gefahr, also eine zu starke langfristige Bindung an das gekaufte Tool, das einen Wechsel später schwieriger gestaltet.

Die Entscheidung hängt von Faktoren wie Unternehmensgröße, vorhandenen Ressourcen, spezifischen Anforderungen und strategischer Ausrichtung ab.

Fazit: Agentic AI als strategischer Enabler


Agentic AI bietet Unternehmen die Möglichkeit, Prozesse zu automatisieren, Effizienz zu steigern und Mitarbeiter zu entlasten. Durch eine strategische Implementierung können Unternehmen Wettbewerbsvorteile erzielen und sich für die Zukunft rüsten.

Ob als CMO, CFO, Marketingmanager oder CEO – Sicher haben Sie sich auch schon Gedanken gemacht wie Sie Agenten nutzen können. Uhura kann ihnen bei der Identifikation, Konzeption und Implementierung helfen und Unternehmenseffizienz steigern– melden Sie sich. 

Mehr zu unserer Technologie-Expertise und KI-Integrationen finden Sie auf unserer Technologie‑Services-Seite.